Abbeville s/Somme – Picquigny – Corbie – Feuillères – Sains-lès-Marquion – Mortagne du Nord – Antoing – Thieu – Brüssel
(Canal de la Somme, Canal du Nord, la Sensée, Escaut canalisée, Canal Nimy-Blaton-Péronnes, Canal du Centre, Canal Charleroi-Bruxelles; 46 Schleusen, 3 Hebebrücken, 2 Schiffslifte, 1 Tunnel; 335 Kilometer)
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Insgesamt haben wir rund sechs Wochen auf der Somme verbracht, sind dabei aber nur dreizehn Tage mit zumeist sehr kurzen Etappen gefahren. Die restliche Zeit haben wir mit Ausflügen zu Fuss, per Fahrrad oder mit dem Mietauto verbracht. Wir haben es keinen Moment bereut, dass wir uns soviel Zeit für diese Gegend genommen haben, denn sie ist nicht nur landschaftlich sehr reizvoll.
Sie hat mit historischen Dampfbahnen, einem prähistorischen Park, Gedenkstätten und Museen im Zusammenhang mit dem Ersten Weltkrieg und nicht zuletzt mit der fantastischen Sommebucht auch dann viel zu bieten, wenn man nicht nur Ruhe und Entspannung sucht, sondern etwas erleben will.
Für Mietbootferien ist die Somme daher ideal, insbesondere weil sie weder von Hotelbooten noch von Berufsschiffen befahren wird. So lernen wir in Abbeville die Familie von Moos aus Zürich kennen, die von Locaboat eine Pénichette gemietet haben.
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Die Weiterfahrt nach Brüssel, Antwerpen und dann Nord-Brabant ist das perfekte Kontrastprogramm zur idyllischen, ländlichen und wenig befahrenen Somme. Beim Verlassen der Somme bei Péronne biegen wir über backbord in den Canal du Nord mit seinen langen, aber relativ schmalen Schleusen (91.6 m x 6.0 m).
Wir hängen uns dem Frachtschiff «Cartier» aus Maasbracht an, was für uns den doppelten Vorteil hat, dass die Schleusen immer bereit sind und wir darin hinter der 38.5 m langen «Cartier» mehr als ausreichend Platz haben.
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Einmal weg von der Somme, kommen wir auf den grossen Schifffahrtstrassen in (für unsere Verhältnisse) gewaltigen Etappen vorwärts. Die 380 Kilometer von der Mündung der Somme in den Canal du Nord über Brüssel und Antwerpen nach Drimmelen in Nord-Brabant legen wir in sechs Fahrtagen zurück, ein Tunnel, mehrere Grossschleusen und zwei Schiffslifte inbegriffen.
Weil wir im Unterwasser des modernen Schiffsliftes von Strépy-Thieu übernachtet haben, können wir am Morgen zeitig in die 112 Meter lange und 12 Meter breite Liftwanne einfahren, wo wir über 70 Meter gehoben werden.
Auf dem Hochplateau des Hennegau fahrend, biegen wir vom Canal du Centre in den Canal Bruxelles Charleroi ein und kommen zum Schräglift von Ronquières, welcher in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts gebaut wurde. Der Kanal von Charleroi nach Brüssel war bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gegraben worden, damit Kohle aus den Bergwerken von Charleroi nach Brüssel und Antwerpen transportiert werden konnte; tatsächlich hiess er damals schlicht «le canal du transport du charbon».
Heute wird nur noch wenig Kohle transportiert, sondern hauptsächlich Sand, Kies, Schrott und Chemikalien.
Die Wannen des Schrägliftes von Ronquières sind kleiner als diejenigen des Liftes von Strépy-Thieu, nämlich nur 85.5 Meter lang und 11.6 m breit. Die überwundene Höhe beträgt auch hier rund 70 Meter.
Schon von weitem sieht man den 150 m hohen Turm der «Bergstation», der wie eine Nadel in den Himmel ragt.
Wir fahren in die Liftwanne ein, die mächtigen Tore werden gesenkt und abgedichtet. Dann geht die Fahrt langsam in die Tiefe, wobei uns in der Hälfte das Gegengewicht, ein riesiger Betonblock auf Schienen, entgegenkommt. Überschlagsmässig gerechnet, müsste dieser Betonblock etwa 3000 Tonnen schwer sein.
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Am 10. August laufen wir im Königlichen Jachthafen zu Brüssel ein. Allerdings sind nur der Name und das Liegegeld königlich. Der Strom ist mit 6 Ampère an der untersten Grenze des Brauchbaren, die Wasserversorgung am Quai funktioniert nicht und die Kehrichtverbrennungsanlage auf der anderen Seite des Kanals ist entschieden nicht die Aussicht, die man sich wünscht. Gemildert wird der Schmerz dadurch, dass der dritte Tag im Jachtclub von Seiner Königlichen Hoheit gratis ist. Also was solls! Brüssel ist wegen seiner pulsierenden Altstadt und den grossartigen Museen allemal ein paar Tage Aufenthalt wert.
Nachhaltig beeindruckt hat uns das Quartier ganz in der Nähe unseres Liegeplatzes und zwar deshalb, weil ganze Strassenzüge rein arabisch sind. Man fühlt sich in diesem bunten Treiben wie auf einem arabischen Basar, sicher aber nicht wie in der Hauptstadt der Europäischen Union.
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Aus dem Logbuch
- Abbeville s/Somme. 80 m langer Quai mit Pollern am rechten Ufer oberhalb der Schleuse. Strom und Wasser (Einwurf 2 Euros). Wenn besetzt, Liegemöglichkeiten unterhalb der Schleuse im «Port Maritime», langer Quai mit Ringen. Keine Einrichtungen. Achtung: Tidenhub ca. ein Meter. Direkt neben dem oberen Liegeplatz Carrefour mit Tankstelle und allen üblichen Gasflaschen. Gegenüber dem oberen Liegeplatz «Espace Auto», Fiat- und Seat-Garage mit günstigen Miettarifen. Zahlreiche Sehenswürdigkeiten. Empfehlenswertes Restaurant «L’Étoile du Jour». Markt Donnerstag und Samstagmorgen. Alle Einkaufsmöglichkeiten.
- Picquigny s/Somme. 50 m langer Quai mit Pollern am linken Ufer oberhalb der Schleuse. Zughaltestelle in Gehdistanz. Keine Einrichtungen. Zwei Bäcker, ein sehr guter Metzger, gepflegter kleiner Carrefour über die Brücke rechts in ca. 400 m Distanz. Restaurant «L’Olivier» Nähe Hafen ist seit 2011 geschlossen, ebenso die kleine Épicerie im Dorf. Sehenswürdigkeiten: Château aus dem 14. Jahrhundert (Ruinen) und Collégiale St Martin (Kirche) mit Schiff aus dem 13. Jahrhundert.
- Corbie s/Somme. Liegemöglichkeit am Steg beim Campingplatz. Strom und Wasser. Einwurf 2 Euro, reicht für etwa 8 Stunden Strom/Wasser. Supermarkt «Simply», Bäcker und Metzger in Gehdistanz. Restaurants.
- Feuillères s/Somme. Erste (bzw. letzte) Station auf der Somme. Quai mit Pollern. Keine Einrichtungen. Gutes Restaurant, Montags geschlossen. Sonst keine Einkaufsmöglichkeiten.
- Sains-lès-Marquions (Canal du Nord). Oberhalb der Schleuse Sains am linken Ufer, Poller liegen 20 m auseinander. Keine Einrichtungen, keine Einkaufsmöglichkeiten.
- Mortagne du Nord (Escaut canalisée). Im Ortsnamen «Mortagne» ist das Wort «Mort» (= Tod) zu Recht enthalten. Ein trostloses nordfranzösisches Dorf. Ungepflegter Liegeplatz am linken Ufer, Wasser funktioniert nicht mehr. Achtung! Zufahrt untief! Supermarkt.
- Antoing (Escaut canalisée). Kleines Hafenbassin direkt oberhalb des Bunkerschiffs von Captain Neptunia. Keine Einrichtungen, gratis, aber man ist vor dem Schwell der vorbeifahrenden Frachtschiffe relativ gut geschützt. In Fussdistanz alle wesentlichen Einkaufsmöglichkeiten.
- Thieu. Im Unterwasser des Schiffsliftes von Strépy-Thieu am rechten Ufer. Langer Quai mit Pollern. Keine Einrichtungen. Gratis. Keine Einkaufsmöglichkeiten, aber ruhiger Liegeplatz.
- Brüssel. Am Innenquai des Brussel Royal Yacht Club. Das einzig Königliche ist der Name. Sehr teuer (Euro 1.8 m/Nacht/Meter Schiffslänge), aber nur 6 Ampère Strom. Das Wasser funktionierte bei unserem Aufenthalt am ganzen Quai nicht. Andererseits ist man per Strassenbahn relativ rasch im Zentrum von Brüssel.