Alkmaar – Haarlem – Leiden – Gouda – Gorinchem – Namur – Dinant
(Nauernasche Vaart, Spaarne, Ringvaart van de Haarlemmermeerpolder, Kager Plassen, Zijl, Gouwe, Hollandse Ijssel, Merwedekanaal benoorden de Lek, Merwedekanaal bezuiden de Lek, Boven Merwede, Afgedamde Maas, Andelse Maas, Heusdens Kanaal, Bergse Maas, Gekanaliseerde Dieze, Zuidwillemsvaart, Kanaal Wessem-Nederweert, Julianakanaal, Canal Albert, Maas; 458 km, 34 Schleusen, 66 Dreh- und Hebebrücken)
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In Alkmaar kommen Fredi Leijenaar und Dominique Danzeisen an Bord, welche vor vier Jahren mit uns von Roanne nach Digoin fuhren. Dieses Mal begleiten sie uns von Alkmaar bis Gouda.
Für die Fahrt von Alkmaar nach Haarlem wählen wir die wenig befahrene Nauernasche Vaart. An deren Ende gelangt man durch eine kleine Schleuse in den Nordseekanal.
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In Haarlem liegen wir dieses Mal direkt am Quai. Wenig später legt eine Jacht hinter uns an – «ein Mietböötli» sagt Christian mit einem unüberhörbaren Unterton, räumt dann aber doch ein, dass das Wende- und Anlegemanöver tadellos war. Kurz darauf stellt es sich heraus, dass es liebe alte Bekannte sind, Beatrice und Roland Heimann mit ihren Söhnen Gian und Reto. Sie haben Kinette von weitem erkannt und es folgt das grosse Hallo.
Unsere Frage, ob sie ihre Velos auf «Kinette» laden und am nächsten Tag ein Stück mit uns fahren wollen, bejahen Gian und Reto, bevor wir fertig gefragt haben. So fahren sie mit uns ein gutes Stück auf der Zijl Richtung Leiden und beide versuchen sich als Steuerleute. Mit Erfolg übrigens.
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Die Universitätsstadt Leiden haben wir schon im letzten Vorfrühling angefahren (Bericht Nr. 62), und wir fühlen uns hier beinahe wie zuhause. Zumindest was das Einlaufen in den Hafen betrifft.
In Leiden mit seinen zahlreichen Grachten unternehmen wir mit unserem Beiboot ausgiebige Entdeckungsfahrten.
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Auch Gouda haben wir dieses Jahr schon einmal angelaufen. Wir liegen einige Tage in der Turfsingelgracht in Gouda und werden irgendwann bei Niedrigwasser auslaufen. Bei Niedrigwasser deshalb, weil wir dann unter der Haastrechtschen Brücke durchfahren können, ohne dass sie für uns gehoben werden muss.
Das ist nämlich immer eine Geduldsprobe, weil die Strasse sehr befahren ist und die Brückenwärter alle Linienbusse, Krankenwagen und was weiss ich sonst noch was abwarten. Der Gezeitenunterschied hier ist immerhin 1.8 Meter – der Unterschied zwischen unten durch und nicht unten durch!
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Von Gouda fahren wir über die Hollandse Ijssel via Nieuwegein nach Meerkerk, Hier treffen wir unsere Freunde Nell und Frits van Geijtenbeek (MS Shell V). In Maastricht wird noch das kanadische Ehepaar Roger und Louise Lamothe (MS The River) zu uns stossen. Wir wollen gemeinsam ins belgische Namur an der Maas fahren, wo das diesjährige Treffen der Dutch Barge Association DBA stattfindet.
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Das Fahren auf den grossen Flüssen der Niederlande ist immer wieder ein überwältigendes Erlebnis.
Himmel und Wasser werden nur durch einen schmalen Streifen Ufer unterbrochen und die Wolkenbilder haben schon im Mittelalter die Maler inspiriert.
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Nach rund sechs Stunden Fahrt erreichen wir ‚s-Hertogenbosch, von den Niederländern kurz «den Bosch» genannt.
Die Hauptstadt der Provinz Nordbrabant ist auch Bischofssitz und der Arbeitsplatz des Bischofs, die St.-Johannes-Kathedrale, ist innen und aussen sehenswürdig. Vor allem aussen: Die Seitenträger und Längsgiebel sind reichhaltig mit Statuen und Statuetten bestückt
Bei genauem Hinsehen findet man neben den im Mittelalter geschaffenen Engeln, die so unnachahmlich fromm dreinblicken, auch einen modern gekleideten Engel, der gerade mit seinem Handy telefoniert.
Uns treibt die Frage um, ob der Engel, falls er mit dem Chef telefoniert, auch Roaming-Gebühren bezahlen muss. Die Antwort kann nur lauten: Selbstverständlich. Für Mobiltelefon-Provider existieren noch alle Grenzen, wie wenn es keine EU und keinen Schengen-Raum gäbe, vom Himmel ganz zu schweigen. Falls es eine himmlische Gerechtigkeit gibt, werden die Provider dafür einmal zur Hölle fahren…
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Unser nächster Übernachtungsplatz auf dem Weg nach Belgien ist ein «Grindgat» (Kiesloch), also ein Baggersee in der Nähe von Maasbracht.
Gebaggert wird hier schon lange nicht mehr, das Wasser ist glasklar und der Biber hat bereits zur Rückeroberung angesetzt.
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Unser letztes Etappenziel in den Niederlanden ist Maastricht, die Hauptstadt der Provinz Limburg. Der Name der Stadt wird immer wieder im Zusammenhang mit dem Vertrag von Maastricht genannt. In diesem wurden im Jahre 1992 u.a. Kriterien festgelegt, welche die Stabilität des Euro garantieren sollen. So hätte die Defizitquote der Euroländer nicht über 3% und die Schuldenstandquote nicht über 60% des Bruttoinlandprodukts betragen dürfen. Hätte – denn Deutschland und Frankreich verbündeten sich in der Folge, um diese Kriterien aufzuweichen. Mit dem voraussehbaren Resultat, dass der Euro zur Problemwährung wird.
Mehr als der schwächelnde Euro interessieren uns allerdings die südlich von Maastricht gelegenen Höhlen von Sint Pietersberg. Hier wurden während Jahrhunderten unterirdisch Kalksteinblöcke für Bauzwecke gesägt, sodass Gänge von insgesamt 150 km Länge entstanden, in welchen eine konstante Temperatur von 10° Celsius herrscht.
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Nach Maastricht passieren wir die belgische Grenze und erhalten in der Schleuse von Lanaye einen wallonischen «permis de circulation» bis Namur.
Man könnte an dieser Stelle über die wallonische Bürokratie sowie Sinn und Unsinn dieses «permis» schnöden, aber wir lassen es schön bleiben, weil nicht nur die Fahrerlaubnis gratis ist, sondern – im Gegensatz zum flämischen Landesteil – auch die Benutzung der wallonischen Wasserstrassen. Und was das konkret bedeutet, werden wir im nächsten Bericht ausführlich und liebevoll ausbreiten.
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Nach einer Übernachtung in Huy laufen wir am 24. Mai in Namur ein, wo ein Treffen der Dutch Barge Association DBA stattfindet.
Die Treffen der DBA sind immer ausgesprochen unterhaltsam. Man ist ständig beschäftigt mit Erfahrungsaustausch, Schiffsbesichtigungen, Büchertausch und Schiffersklatsch. Dieses Jahr haben rund 30 Schiffe am Quai in Namur festgemacht.
Martin und Thesi Eberhard, welche letzten Sommer in Friesland eine Woche mit uns fuhren, besuchen uns in dieser Zeit. Sie träumen ebenfalls vom Leben auf dem Wasser und benützen die Gelegenheit, in konzentrierter Form Erfahrungen zu sammeln und die unterschiedlichsten Schiffe zu besichtigen. Damit die Eberhards auch noch ein wenig zum Fahren kommen, legen wir nach sechs Tagen in Namur ab und fahren maasaufwärts nach Dinant und einen Tag später wieder zurück nach Namur. DBA-Treffen sind schön. Aber Fahren ist schöner!
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Erinnern Sie sich übrigens noch an die eindrückliche Hebebrücke von Waddinxveen, welche wir im Bericht Nr. 71 im Bild gezeigt haben? Die Aufnahme hat historischen Wert erhalten: Als die Brücke am Morgen des 9. Juni für die Durchfahrt eines Schiffes gehoben wurde, fiel der Strom aus, das Notaggregat versagte und der gehobene Brückenteil stürzte aus 30 Metern Höhe nach unten. Glücklicherweise kam niemand zu Schaden – ausser der Brücke natürlich…
Aus dem Logbuch
- Alkmaar. Verschiedene Liegemöglichkeiten. Beim Einlaufen in Alkmaar fährt man direkt auf den Accijnstoren (Akzisenturm = Steuereintreiberei) zu, legt an der Bierkade an und meldet sich beim Hafenmeister. Ruhig liegt man in der Centrumsgracht. Achtung, grössere Schiffe haben keine Wendemöglichkeit. Also rückwärts durch die Rotorenbrücke! Kostenpflichtig. Elektrisch mit Münzeinwurf. Wasser beim Akzisenturm. Eine der schönsten Altstädte der Niederlande mit engen Ladengässchen. Abendverkauf am Donnerstag, Käsemarkt am Freitag 10.00 bis 12.30, Markt am Samstag. Sonntagsverkauf am 1. Sonntag im Monat.
- Haarlem. Gemeinde-Passantenhafen. Verschiedene Liegemöglichkeiten an der Spaarne. Wasser und Elektrisch. Liegegebühren abhängig von der Schiffslänge. Sehenswerte Stadt. Alle Einkaufsmöglichkeiten. Sehenswerte Museen. Abendverkauf am Donnerstag, Markt am Samstag 09.00–17.00.
- Leiden. Gemeinde-Passantenhafen. Die Hebebrücken zum Hafen werden vom Hafenmeister-Gebäude aus auf Abstand bedient (auf UKW-Kanal 22 aufrufen). Liegeplatz ca. 1 €/Meter. Wasser und Strom (mit Jetons bezahlen). Quirlige Universitätsstadt mit sehenswerter Altstadt, zahlreiche Grachten. Boerhave-Museum und Siebold-Haus unbedingt besuchen. Donnerstag Abendverkauf, Markt Mittwoch und Samstag 09.00–17.00.
- Gouda. In der Turfsingelgracht links und rechts Liegeplätze, teilweise mit Wasser und Strom. In der Kattensingelgracht Liegemöglichkeiten für Schiffe unter 12 m und unter 12 Tonnen. Kostenpflichtig. Alle Einkaufsmöglichkeiten. Markt am Donnerstag und am Samstag. Zahlreiche Sehenswürdigkeiten: Sint Janskerk mit den grössten und schönsten Kirchenfenstern, welche seit dem Mittelalter alle Stürme der Zeit überstanden haben. Das Widerstandsmuseum ist ebenfalls einen Besuch wert.
- Nieuwegein. Quai im Dorf am Merwedekanaal benoorden de Lek. mit Strom und Wasser. Kostenpflichtig. Wir haben nur zum Übernachten angelegt und können keine weiteren Angaben machen.
- ‚s-Hertogenbosch. Verschiedene Anlegemöglichkeiten im Passantenhafen (Strom, Wasser, kostenpflichtig) und im Oberwasser der Schleuse 0 (keine Einrichtungen, gratis, max. 3 x 24 h). Alle Einkaufsmöglichkeiten. Museen. Kirchen.
- Maasbracht. Jachten legen im kostenpflichtigen Prins Mauritshaven an mit allen Fazilitäten. Richtige Schiffe suchen einen Liegeplatz in einem der Baggerseen rund um Maasbracht. Im übrigen kann man Maasbracht vergessen.
- Maastricht. Liegemöglichkeiten im Passantenhafen ‚t Bassin (kostenpflichtig, alle Fazilitäten) und zwischen Wilhelminabrug und St. Servaasbrug. Maastricht bietet alle Einkaufsmöglichkeiten (inkl. Schiffsausrüster Nautica Jansen) sowie kulturelle Sehenswürdigkeiten.
- Huy. Liegemöglichkeit für grosse Schiffe oberhalb Pont Roi Baudouin (Das aufgesprayte «Reservé» haben wir ignoriert. Das kann schliesslich jeder hin sprayen). Keine Fazilitäten. Gratis. Etwas unruhig wegen der vorbeifahrenden Berufsfahrt. Gut vertäuen! Alle Einkaufsmöglichkeiten.
- Namur. Unterhalb Schleuse «La Plante» am rechten Ufer im Jachthafen Jambes (alle Fazilitäten, kostenpflichtig) oder für richtige Schiffe am linken Ufer am langen Quai vor dem Casino. Keine Fazilitäten, kostenpflichtig. Alle Einkaufsmöglichkeiten. Zahlreiche Sehenswürdigkeiten. Wanderung zur Zitadelle hinauf lohnt sich! Reiche gastronomische Auswahl. Unser Tipp: Fischrestaurant «Les Embruns». Reservieren! Nicht einmal in Marseille haben wir eine bessere Bouillabaisse gegessen!
- Dinant. Pontons mit Strom und Wasser am linken und rechten Maasufer in der Stadt. Direkt in der Stadt ziemlich laut. Unterhalb des Casinos langer Ponton mit Strom (nur 6 Amp!) und Wasser (1 Euro pro Jeton gleich 10 Min Wasser). Ziemlich heruntergekommen. Eine Wanderung zur Zitadelle hinauf beschert eine schöne Aussicht auf eine im Verkehr erstickende und schmutzig graue Stadt mit einer schmutzig grauen Kathedrale.