Roanne
Langsam macht sich im Hafen Frühlings-Unrast bemerkbar. Als erste laufen Henk und Jacqueline Hijdra mit ihrer prachtvollen „«Elizabeth» aus. Henk, ein holländischer Schiffsbauer, und seine Frau Jacqueline, eine Künstlerin, haben dieses Bijou von A bis Z selbst gebaut. Es lohnt sich, für einen Moment bei diesem Schiff zu verweilen, weil es hinsichtlich Aussehen, Fertigungsqualität und Inneneinrichtung Massstäbe setzt.
Und wenn wir schon von Inneneinrichtung sprechen, so erlauben wir uns auch einen Blick in den Salon.
Henk und Jacqueline wollen dieses Jahr nach Holland zurück und so sind sie die ersten, die den Hafen durch die Schleuse verlassen.
Als nächste packt es unsere australischen Nachbarn, Sally und Tony mit ihrer «Sable».
Tony und Sally hatten die «Sable» letztes Jahr von Bob und Bea, einem amerikanischen Ehepaar, gekauft. Wir unsererseits hatten Bob und Bea 2003 kennen gelernt, als wir mit einem Mietboot auf dem Canal du Rhône au Rhin von Dôle nach Besançon unterwegs waren. 2006, nunmehr selbst auch Schiffseigentümer, waren wir ihnen in Reims wieder begegnet, wo wir nebeneinander lagen und letztes Jahr trafen wir sie auf dem Canal du Nivernais. Bei dieser Gelegenheit fragten sie uns, ob sie den Winter hindurch im (ausgebuchten) Hafen von Roanne längsseits von uns liegen könnten. Wir erklärten uns damit einverstanden, machten aber zur Bedingung, dass wir aussen liegen wollten, sodass sie zwischen uns und dem Quai waren. Über ein anderes Schiff zu steigen schien uns weniger schlimm als unsere «Seesicht» zu verlieren. Nach dem Verkauf der «Sable» im Sommer 2007 übertrugen wir unsere Zustimmung auf Tony und Sally. Wir brauchten dies nicht zu bereuen, denn sie waren liebenswürdige und diskrete Nachbarn. Dank ihnen verstehen wir mittlerweile auch australisches Englisch!
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Am Schluss des letzten Berichts erwähnten wir das nächste geplante Projekt, nämlich zwei Solarmodule auf dem Steuerhausdach.
«Vor der Tat hält der Kluge Rat» und so beginnen wir unser Solarzellen-Projekt mit der Internetsuche nach einem leistungsfähigen und günstigen Solarmodul. Unsere Wahl fällt auf die polykristallinen Solarmodule der deutschen Firma Sunset mit einer Leistung von je 85 Wp. Der Schweizer Lieferant will pro Stück CHF 999.00 (umgerechnet rund EUR 650.00, hinzu käme noch die Mehrwertsteuerdifferenz bei Lieferung nach Frankreich) plus Frachtkosten, der französische Lieferant verlangt EUR 679.00 und der deutsche Lieferant begnügt sich mit EUR 533.00 plus EUR 23.63 für die Fracht. Wohlgemerkt, wir sprechen vom identischen Artikel, weshalb die Entscheidung nicht schwer fällt.
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Wenige Tage später werden die beiden Solarmodule samt Kleinteilen geliefert und eigentlich könnten wir mit der Montage beginnen, wenn uns nicht die globale Abkühlung einen Strich durch die Rechnung machen würde.
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Die weisse Pracht schmilzt so schnell, wie sie gekommen ist und so machen wir uns denn daran, Befestigungen für die beiden Solarmodule auf dem Steuerhaus-Dach zu bauen. Zwar sehen die vom Hersteller vertriebenen Montagewinkel sehr appetitlich aus, aber der Preis von 64 Euros für vier Halterungen (acht brauchen wir) ist doch etwas happig. Wir schreiten deshalb unverzagt zum Selbstbau mit Holzresten aus der Bastelkiste und Winkeln aus dem Bricorama für ein paar Euros.
Solar-Module müssen nämlich, sollen sie das volle Rendement erbringen, gut unterlüftet sein. Unsere Halterungen werden grundiert, zweimal gestrichen, mit Sikaflex aufs Steuerhausdach geklebt und zusätzlich verschraubt.
Schon bei der Montage können wir messen, dass das Modul bereits mit Tageslicht, bei bewölktem Himmel, einige Watt Strom liefert.
Im Ernstfall, wenn wir wirklich auf den Solarstrom angewiesen sein werden, werden wir den Antennenbügel nach unten legen, um Schattenwurf zu vermeiden.
Nach der Montage der Solarmodule montieren wir ein Ampèremeter sowie einen Laderegler, bevor wir den Solarstrom auf die Haushalt- und Starterakkus leiten. Das Laden und Entladen der Akkus wird übrigens von einem Batterierelais geregelt, welches ein gleichmässiges Laden gewährleistet und verhindert, dass beim Starten des Motors die Haushaltbatterien (oder der Starterakku durch den Haushaltbedarf) entladen werden. Ziemlich kompliziert, die ganze Sache, aber sehr befriedigend!
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Während Christian seine Tage im Schweisse seines Angesichts irgendwo im Schiffsbauch verbringt, widmet sich Charlotte der weinkundlichen Fortbildung. Zusammen mit einer ansehnlichen Gruppe von Hafenbewohnern fährt sie eines Tages in das kleine Weinbauerndorf Régnié im nahe gelegenen Beaujolais, zum propriétaire-récoltant Guy Trichard. Derselbe ist mit einer Cousine von Henri verheiratet und Henri wiederum wohnt vier Schiffe entfernt von uns zusammen mit seiner Frau Geneviève auf ihrer «Butskop».
Charlotte lernt hier, dass die ausgepressten Trauben einige Tage zusammen mit dem Saft im Fass bleiben, dass der Saft in dieser Zeit unten abgezapft und oben wieder ins Fass hinein gepumpt wird, dass die ausgepressten Trauben nach dieser Zeit entfernt werden und dass der Beaujolais grundsätzlich im Stahltank ausgebaut wird, weil Holzgeschmack unerwünscht ist.
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Als allerletztes Projekt im Innenbereich ersetzen wir die flexiblen Diesel-Zufuhrleitungen zum Generator durch Kupferrohr, schalten noch einen kleinen Dieselfilter dazwischen und schon sind wir klar zum Probelauf des Generators.
Weil wir wissen, dass unsere Bilder sehr aufmerksam studiert werden, beantworten wir die Frage nach der Farbe des im Filter sichtbaren Diesels vorweg: Es ist roter Diesel, also Heizöl, weil es zulässig ist, Heizöl zur Erzeugung des Haushaltstroms zu verwenden (Übrigens sieht man rechts auf diesem Bild den Beginn – oder das Ende – der drei Kabelkanäle, die wir neu durch das ganze Schiff gezogen haben). Wir prüfen die Dichtigkeit der Dieselzufuhr, starten den Generator und – alles klappt auf Anhieb und wir hoffen inbrünstig, das werde die ganze Saison anhalten!
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À propos Saison: Dieselbe zu planen haben wir jetzt endlich etwas Zeit, denn bald sollte es (endlich) Frühling werden und dannzumal Zeit für die Erneuerung des Aussenanstrichs.
Wir haben uns entschlossen, dieses Jahr noch einmal in Frankreich zu verbringen und uns Zeit für die Erkundung des Burgund zu nehmen. Wir planen eine kleine «Tour de Bourgogne» auf dem Canal du Centre, dem Canal de Bourgogne und dem Canal du Nivernais. Nicht soviel Schiff fahren, viele Velotouren, sich Zeit lassen und die Gegend geniessen, so haben wir uns das etwa vorgestellt.
Vom 20. bis 23. Juni werden wir am Treffen der Dutch Barge Association in Paray-le-Monial teilnehmen, bevor wir unsere Rundreise in Angriff nehmen.
Pamela und Bruce McKay, ein kanadisches Ehepaar, Eigner der «Riverdance», schicken uns per Mail ein Bild, das sie im letzten Herbst von uns machten, als sie in Châtillon s/Coligny an uns vorbeifuhren, wo wir einige Tage lagen. Als wir dieses Foto sahen, begann es zu kribbeln… Wir freuen uns aufs Fahren!
Hallo Kinettebesitzer
Ich finde euere Berichte super und wenn ich nichts zutun habe was mache ich, ich glüstele in den Reiseberichten von Euch. Wir sind leidenschaftliche Hausbootferienmacher. Nun gehen wir schon zum 9ten mal und finden es immer wieder toll. Ich wünsch Euch für die kommende Saison
viel Glück und Schiff AHOI.