Gorinchem – Amsterdam – Leimuiden
Nach dem DBA-Treffen in Gorinchem fuhren wir auf dem Merwedekanal nördlich Richtung Utrecht und dann ein Stück auf dem Amsterdam-Rhein-Kanal. Genau dieselbe Strecke hatten wir schon im Oktober letzten Jahres befahren (Bericht Nr. 8). Und wie damals bogen wir von dieser «Schiffsautobahn» (allerdings ohne Stau!) auf die idyllische Vecht ab. Und ebenfalls wie im letzten Oktober waren wir praktisch allein, denn die Fahrsaison hatte noch nicht begonnen. Und genau wie im vergangenen Herbst hatten wir wieder prächtiges Wetter.
Hatten uns im letzten Herbst die zahlreichen, prächtigen Schlösschen und Villen an der holländischen Goldküste fasziniert, fielen uns diesmal die ebenso zahlreichen schwimmenden Häuser, Wohnarchen genannt, auf. Eine wie die andere Wohnarche würde locker in einem Magazin über moderne Architektur oder Inneneinrichtung Aufnahme finden. Einige Fotos mögen dies illustrieren.
Das auffälligste Exemplar war ein Haus in Schiffsform, das eben gebaut wurde.
Diese schwimmenden Häuser sind natürlich auf Wellenschlag sehr empfindlich, weshalb die Fahrgeschwindigkeit auf der Vecht über weite Strecken auf 6 km/h beschränkt ist. Wir waren noch nicht lange unterwegs, als ein Polizeiboot mit Blaulicht heranbrauste und längsseits anlegte. Zwei Wasserschutzpolizisten machten uns freundlich darauf aufmerksam, dass wir mit 9 km/h fuhren. Ob wir es der Schweizerflagge am Heck zu verdanken haben, wissen wir nicht. Jedenfalls wurden wir nicht gebüsst, sondern nur freundlich ermahnt und erhielten obendrein als Erinnerung eine detaillierte Wasserkarte der Vecht. So gerät man eigentlich noch ganz gerne in Geschwindigkeitskontrollen!
Am dritten Tag nach unserer Abfahrt in Gorinchem fuhren wir in Amsterdam ein. Bei der Amstelschleuse, mitten im Stadtzentrum von Amsterdam, baten wir die Hafenbehörde, uns für eine Nacht einen Liegeplatz zuzuweisen. Von unseren holländischen Freunden wussten wir von einem Liegeplatz für Grossschiffe direkt bei der Schleuse. Ein freundlicher Beamter der Hafenbehörde zog mit seinem Böötchen den dortigen Absperrbaum zur Seite und machte uns den einzigen Liegeplatz frei.
Offenbar haben hier himmlische Mächte mitgespielt, denn kurz darauf erhielten wir Besuch von Zirkuspfarrer Ernst Heller, der sich an diesem Tag mit einer schweizerischen Reisegesellschaft ebenfalls in Amsterdam befand und von unserem Aufenthalt erfahren hatte. Natel sei Dank gab es ein fröhliches Zusammentreffen mit diesem lieben alten Freund.
Wir benützten unsere zentrale Lage zu einem ausgedehnten Stadtbummel. Natürlich wären wir gerne länger im «Venedig des Nordens» geblieben, aber die Liegezeit bei der Amstelschleuse war auf 24 Stunden beschränkt.
Am nächsten Tag verliess uns unsere Tochter und flog in die Schweiz zurück. Wir unsererseits setzten unsere Fahrt durch Amsterdam fort. Unterwegs in der Stadt begegneten uns die unterschiedlichsten Wasserfahrzeuge, vom Grachtenboot bis zum Schubverband.
Ohne Zwischenfälle erreichten wir nach sechs Stunden Fahrt die Werft in Leimuiden. Es war wie eine Rückkehr nach Hause, als uns die Werftarbeiter wie alte Bekannte begrüssten. Für den Einbau der Toilette in der Achterkajüte waren noch Arbeiten am Unterwasserschiff notwendig. Zu diesem Zweck musste Kinette ihr vertrautes Element verlassen und verbrachte zwei Tage im Trockenen. Wir wohnten in dieser Zeit in luftiger Höhe.
Dass wir auf dem Schiff bleiben konnten, war für uns eine grosse Erleichterung. Die tägliche Fahrt auf den holländischen Autobahnen von Meerkerk nach Leimuiden und zurück war mit der Zeit nämlich recht anstrengend geworden.
Die restlichen Arbeiten werden derzeit zügig an die Hand genommen und wir sind zuversichtlich, dass wir Mitte Mai wieder fahrklar sein werden. Dann erwarten wir nämlich die nächsten Gäste.
Dank des trockenen und geradezu sommerlichen Wetters konnten wir endlich die längst fälligen Malerarbeiten aussen am Schiff in Angriff nehmen. Wir hätten nie geglaubt, wie viel Aufwand nötig ist, um ein Schiff wie das Unsrige im alten Glanz erstrahlen zu lassen.
Weil sich das Hochdruckgebiet als stabil erwies, strichen wir auch das ganze Achterdeck mit einer speziellen, trittfesten Deckfarbe. «Trittfest» steht wenigstens auf dem Farbkübel. Wir werden ja ausgiebig Gelegenheit haben, diese Trittfestigkeit zu testen!
Sogar unser Beiboot erhielt ein neues Make up.
Als Abendbeschäftigung nähte Charlotte auf ihrer Schiffs-Nähmaschine (Made in Thailand…) Vorhänge für die Achterkajüte.
Nach unserer Planung sollten die letzten Arbeiten am 18. Mai beendet sein. Dann erwarten wir Gäste aus der Schweiz, die uns ein Stück weit auf unserer Reise Richtung Belgien begleiten werden. Wir beugen uns bereits über die Wasserkarten, um unter den zahllosen Möglichkeiten, die uns die Wasserstrassen bieten, eine besonders attraktive Route herauszutüfteln.
Liebe See- und Kanalfahrer, ich wünsche euch eine abwechslungsreiche und schöne Weiterfahrt. Herzlich grüsst aus dem noch kühlen Toggenburg Ueli Wenger