La Chapelle Montlinard – Châtillon-Coligny- Dammarie s/Loing – Montargis – Nemours – Moret s/Loing – Paris
(Canal du Centre, Canal latéral à la Loire, 146.26 km, 42 Schleusen)
***
Fährt man von la Chapelle Montlinard weiter in nördlicher Richtung, erblickt man schon von weitem das stolz auf einem Hügel liegende Weinbaustädtchen Sancerre, wo auf kalkigem, kargem Boden ein vorzüglicher Sauvignon angebaut wird.
Von der Atlantikküste bis zu den Toren des Burgunds ist das Loiretal ein 600 km langer Rebberg mit 68 Appellationen.
Man kann diesen riesigen Rebberg in vier grosse Regionen einteilen: Die Gegend von Nantes (Muscadet, Weine aus der Vendée), Anjou und Saumur (Savennières, Chaume, Saumur-Chamigny), die Touraine (Chinon, Vouvray, Cour-Cheverny) und das Centre (Sancerre, Pouilly-Fumé). Ohne die Hierarchie der Terroirs wie im Burgund oder im Elsass und ohne die historische Klassifizierung wie im Bordeaux werden hier grossartige und teilweise einzigartige Weine produziert, und dies erst noch zu durchaus vernünftigen Preisen.
***
Sonntagmorgen in Cosne-sur-Loire. Es ist Markttag. Was wäre Frankreich ohne Wochenmärkte? Hier ist keine Krise und keine Rezession zu spüren, am Essen und Trinken spart man in Frankreich zuletzt.
***
Bei Briare überqueren wir die Loire zum letzten Mal. Wie wir bereits auf der Kanalbrücke fahren, taucht am anderen Ende ein Hotelschiff auf.
Vortritt hat hier, wer zuerst auf der Brücke war. Das sind wir, weshalb das Hotelschiff warten muss, was den Passagieren Gelegenheit gibt, «Kinette» ausgiebig zu fotografieren.
***
Wir befinden uns jetzt auf dem Canal de Briare. Im Aufstieg zum Étang de la Gazonne, der mit 8 Schleusen bewältigt wird, machen wir Zwischenhalt in Ouzouer-sur-Trézée, wo wir zu unserer Überraschung das einzige Schiff am «halte nautique» sind.
Normalerweise ist hier im Mai der Quai auf die ganze Länge besetzt mit Yachten, Mietbooten und grösseren Schiffen. «C’est la crise!» meint der Dorfmetzger, Monsieur Neuhaus, bei dem wir ein grosses Stück Kalbshaxe kaufen.
***
In Dammarie sur Loing haben wir noch gar nie Zwischenstation gemacht. Aber das etwas verschlafene Dorf hat in der Nähe von drei dicht aufeinander folgenden Schleusen einen sympathischen, kleinen «halte fluviale» eingerichtet. Strom und Wasser sind gratis. Auch hier sind wir mutterseelenallein.
Die Umgebung erscheint uns reizvoll und wir entschliessen uns spontan, einen Tag anzuhängen. Nach unserer Ankunft erkunden wir zu Fuss den westlich des Kanals gelegenen Weiler «Les Forges». Was für ein Idyll!
Am nächsten Morgen früh installiert sich ein Maler am Kanalufer und wir ahnen noch nicht, dass sich ein schlicht und einfach genialer Tag anbahnt.
Dammarie hat «peintres en liberté» organisiert, einen ganztägigen Malerwettbewerb mit anschliessender Ausstellung und Prämierung in der «salle polyvalente». Die Maler haben sich entlang einem Parcours in der Umgebung eingerichtet, welchem die überraschend zahlreich erschienenen Kunstfreunde entlang wandern können. Und an Sujets fehlt es hier gewiss nicht!
Ein altes Waschhaus, die unter Henri IV erbaute, heute zerfallene Schleusentreppe, ein alter Riegelbau, eine alte Mühle am Fluss und last but not least Kinette sind begehrte Sujets.
Wir wandern zu den einzelnen Malern, unterhalten uns mit ihnen, lassen uns Maltechniken erklären und den Aufbau eines Bildes. Monsieur le Maire, der Bürgermeister, benützt den Anlass, um die Maler und Malerinnen mit seinem Citroën Trèfle Jahrgang 1922 zu besuchen.
Am Abend folgt dann der noch gemütlichere Teil, der Abschluss in der Mehrzweckhalle.
Bürgermeister Philippe Poirier persönlich lädt uns ein und wir stossen mit ihm auf Dammarie und auf die gelungene Veranstaltung an. Wie wir auf unser Schiff zurückkehren, haben wir das Gefühl, einen tiefen Atemzug ländliches Frankreich getan zu haben.
Das Tüpfelchen auf dem «i» ist dann noch der örtliche Produzent eines hervorragenden Cidre (moussierender, leicht vergorener Apfelsaft), der seinen Hof rund 200 m oberhalb der Anlegestelle, am anderen Kanalufer hat. Wir sind an der Ausstellung mit ihm ins Gespräch gekommen und Monsieur Denis Salin lässt es sich nicht nehmen, uns nach Feierabend persönlich eine Flasche seines Produktes ans Schiff zu bringen!
***
Zu den lohnenden Liegeplätzen gehört sicher Châtillon-Coligny, wo 1519 der spätere Admiral Gaspard II de Coligny geboren wurde, ein bedeutender Hugenottenführer. Er wurde in der Nacht vom 23. auf den 24. April 1572, der sogenannten Bartholomäusnacht, zusammen mit Tausenden von anderen Protestanten auf Befehl der katholischen Königinmutter Katharina von Medicis ermordet. Papst Gregor XIII. liess beim Bekanntwerden des Massakers zum Dank ein Te Deum singen und eine Gedenkmünze prägen, auf deren Rückseite ein Engel mit Schwert die Freude der katholischen Kirche über das Blutbad symbolisiert. Im Dorfmuseum von Châtillon-Coligny finden sich zahlreiche Zeugnisse aus der Geschichte der Familie Coligny sowie der bedeutenden Forscherfamilie Becquerel. Das Städtchen selbst hat sehr reizvolle Winkel, aber auch einige ziemlich verkommene Häuserzüge.
***
Nach Zwischenhalten in Châtillon-Coligny, La Sablonnière, Montargis und Nemours machen wir im idyllischen Moret sur Loing fest. Hier endet der Canal du Loing, man fährt aus der Schleuse auf den Loing hinaus, der einen Kilometer später in die Seine mündet. Nach tagelangen Regenfällen führt der Loing Hochwasser, wir müssen wenden, um gegen die Strömung anlegen zu können, aber das heikle Manöver gelingt selbstverständlich (Version Kapitän) resp. merkwürdigerweise (Version Erster Offizier) ohne Probleme.
Neben uns liegt die «Gonny», ein ehemaliges Bunkerboot (kleiner Tanker), auf welcher ein junges französisches Paar lebt. Wir kommen ins Gespräch und der junge Mann erzählt uns, er stamme aus der Binnenschiffersfamilie Christiaens aus Dünkirchen. «Ah, dort kennen wir Monsieur Blavoet vom Frachtschiff ‹Tabarly›!» rufen wir wie aus einem Mund (Bericht 55). Weil, wie wir alle wissen, die Welt klein ist, sagt unser junger Nachbar: «Das ist der Bruder meiner Mutter!»
Die Eltern des jungen Mannes sind auch Binnenschiffer und mit ihrem Schiff «Jearol» gerade in der Nähe. Die Pfingstfeiertage verbringt die Familie gemeinsam und es dauert nicht lange, bis wir mit unseren temporären Nachbarn beim Apéritiv sitzen.
***
Nach drei Tagen in Moret sur Loing werfen wir die Leinen los, fahren ein Stück den Loing hinunter und dann hinaus auf die nach den Regenfällen der letzten Tage kräftig strömende Seine. Am nächsten Tag laufen wir in Paris ein.
***
Aus dem Logbuch
- Ménétréol sous Sancerre. Ca. 100 m langer Quai mit Pollern am linken Ufer 500 m unterhalb der Schleuse 33 Thouvenay. Bäckerei, Restaurant. Schlüssel für Elektrokasten im Rest. «La Floroine» holen. Von hier aus zu Fuss, per Fahrrad oder mit Taxi 2 km in das auf einem Hügel gelegene Weinbaustädtchen Sancerre. Spezialitäten Sancerre, Pouilly-Fumé und Ziegenkäse in allen Reifestadien («Crottins de chèvre»). Wochenmarkt Dienstag und Samstagmorgen. Ca. 1 km kanalabwärts bei St Satur Carrefour, Tankstelle, Bäckerei.
- Les Fouchards. Nördlich der Brücke der D 955 über Loire und Kanal am W-Ufer halte fluviaL. Untief. Keine Einrichtungen. Wir machten unmittelbar danach am Siloquai fest. Gute Poller, Wassertiefe 1.7 m, aber natürlich unromantisch. In 2.5 km Distanz auf dem E-Ufer der Loire Cosne-sur-Loire. Wochenmarkt Mittwoch und Sonntagmorgen. Der Sonntagsmarkt ist üppig.
- Beaulieu. Guter Liegeplatz mit Pollern auf der Höhe des Campingplatzes. Strom und Wasser. Gratis. Duschen, Waschen und Trocknen auf dem Campingplatz. Zwei Bäckereien, Metzger, Pizzeria, Restaurant, Office de Tourisme.
- Ouzouer-sur-Trézée. Langer Quai mit Pollern. Strom, Wasser und WiFi gratis. Lebensmittelladen beim Hafen. Zwei Bäcker, Metzger, Apotheke, Coiffeur.
- Rogny-les-sept-écluses. Quai mit Pollern, meist besetzt von Hotelschiffen. Strom und Wasser. Kostenpflichtig, aber viel zu teuer (Gleich teuer wie Briare, ohne etwas zu bieten). Wir machen regelmässig einen grossen Bogen um Rogny.
- Dammarie sur Loing. Kleiner halte fluviale mit ca. 40 m langer Anlegestelle mit Pollern, Strom und Wasser. Gratis. Aufenthalt auf 48 h beschränkt. Dorfladen mit Lebensmitteln, Dépôt de pain, Bar, Tabac, Journaux. Kein Wochenmarkt.
- Châtillon-Coligny. Halte fluviale unterhalb Schleuse Châtillon 24 mit Fingerpontons für Yachten und Quai für grössere Schiffe. Strom und Wasser gratis. WC, Lavabo und Duschen in der Capitainerie. Bäcker. Metzger. Charcuterie. Proximarché. Apotheke. Restaurant «Le Coligny», empfohlen von der Crew der «LEO». Museum mit Ausstellungsstücken zur Geschichte der Familien Coligny, Montmorency und Becquerel (Henri Becquerel entdeckte 1896 die natürliche Radioaktivität und erhielt dafür 1903 den Nobelpreis). Wochenmarkt Freitag 8 bis 12 Uhr.
- Oberhalb Schleuse 31 La Sablonnière (Canal du Loing). Idyllischer Liegeplatz. 3 Poller. Picknick-Tisch. Keine Einrichtungen. Gratis. Im nahegelegenen Dörfchen Conflans s/Loing gepflegte «Auberge de Conflans». Dienstag bis Sonntag jeweils über Mittag geöffnet, Freitag und Samstag auch Abendessen.
- Montargis. Port de plaisance oberhalb der Schleuse La Marolle 33, port de commerce unterhalb der Schleuse La Reinette 34. Strom und Wasser, kostenpflichtig. Alle Einkaufsmöglichkeiten. Wochenmarkt am Mittwoch (beim Leader Price) und am Samstag (Place de la République). Vom Bahnhof aus direkte Zugverbindung nach Paris.
- Nemours. Quai mit Pollern oberhalb Schleuse 12 Buttes. Strom und Wasser. Gratis. Etwas lärmig wegen Baumaterial-Firma nebenan. Alle Einkaufsmöglichkeiten. Wochenmarkt Mittwoch und Samstagmorgen.
- Moret sur Loing. Kleiner halte fluviale unmittelbar unterhalb der Schleuse Moret 19 am linken Ufer. Strom, Wasser und WiFi, Dusche. Kostenpflichtig. Wochenmarkt am Dienstagmorgen. Am Sonntagmorgen Markt im nahe gelegenen St Mammès. Hervorragende, gepflegte und preisgünstige Metzgerei (Christophe et Nathalie Même, 8 rue Grande). Verschiedene gepflegte Restaurants und «les Mille et une Glace» in der rue de l’église mit der weitherum grössten Sorbet- und Glace-Auswahl. Intermarché mit Tankstelle zehn Fussminuten vom halte fluviale entfernt.