Berliner Impressionen
Unser Empfang im Tempelhofer Hafen könnte herzlicher nicht sein. Martin Eberhard, ein alter Freund sowie Eigner der prächtigen «M.S. Veranderen» steht am Steg schon bereit, um uns die Taue abzunehmen und auch Hafenmeister Jens-Uwe begrüsst uns – begleitet von einem Kameramann des Berliner Fernsehens rbb, welches eine Live-Reportage über den Tempelhofer Hafen sendet.
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Im Tempelhofer Hafen machen wir die Bekanntschaft von Bill und Sylvia Coates, die sich mit ihrer «Biesbosch» längsseits an «Kinette» legen.
Das ist eine der faszinierenden Seiten des Schifferlebens: Man lernt immer wieder neue Leute kennen und zwar vielfach nicht einfach im Vorübergehen, sondern als Nachbarn auf Zeit. Das gemeinsame Interesse am Leben auf dem Wasser, ein starker Freiheitsdrang und Unkompliziertheit im Umgang verbinden die «Gemeinde auf dem Wasser». Dazu kommt – in unserem Fall – gemeinsames Spielen, das sofort sozialen Kontakt schafft. Und so schlagen sich die Coates und die Hubers die Nächte mit dem Domino-Strategiespiel «Mexican Train» um die Ohren. Wir haben dieses Spiel vor acht Jahren in Roanne kennen gelernt und es hat uns seither nicht mehr losgelassen.
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Wollten wir hier ernsthaft einen Bericht über Berlin schreiben, würde das zu einem dicken Wälzer ausarten. Dazu haben wir weder die Zeit noch die Kenntnisse. Wir lassen es daher bei einigen Impressionen bewenden.
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In der «Mall of Berlin», einem der grösseren Shopping-Centers in Berlin, findet an einem Samstag ein «Symphonic Mob» statt. Teilnehmen kann jeder, der ein Instrument spielen kann. Im Grunde handelt es sich einfach um eine öffentliche Orchesterprobe unter der Leitung eines jungen Berufsdirigenten.
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Der von Hitlers Rüstungsminister Albert Speer erbaute Flughafen Tempelhof wurde berühmt, als die Sowjets im Juni 1948 eine totale Blockade über die Stadt verhängten, um diesen Stachel der Freiheit im Fleisch des Sozialismus zu eliminieren. Sie hatten jedoch nicht mit der Entschlossenheit der Amerikaner gerechnet, welche eine Luftbrücke errichteten. Alle 30 Sekunden landete ein Frachtflugzeug, welche im Volksmund «Rosinenbomber» genannt wurden. Nach elf Monaten gab Stalin seinen Erpressungsversuch auf. Zur Erinnerung steht noch ein «Rosinenbomber» auf dem 2008 aufgegebenen Flugplatz, der für die zivile Nutzung zu klein geworden war. Leider haben die Berliner seit Albert Speer verlernt, wie man einen Flughafen baut.
Heute stehen die riesigen Gebäude zum Teil leer, zum Teil wurden Eventlokale darin eingerichtet. Das Flugfeld selbst ist eine riesige Spazier-, Skate-, alternative Kleingarten- und Freizeitanlage. Seit neustem wird ein Teil der Hangars als Flüchtlingsunterkünfte genutzt.
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Sozusagen zum Pflichtprogramm gehört ein Besuch des Reichstagsgebäudes mit seiner markanten Glaskuppel.
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Als wir im Sommer 2013 auf der Werft in Genthin lagen, lernten wir das Berufsschiffer-Ehepaar Willi und Dagmar Westphal kennen. Sie führen Fracht mit ihrem 82 Meter langen Binnenschiff «M/S Therese». Wir haben darüber berichtet (Bericht Nr. 100).
Wegen gesundheitlichen Pechs liegen sie für einige Zeit in Spandau. Wir besuchen sie auf ihrem Schiff und verbringen einen unterhaltsamen Nachmittag bei Kuchen und Kaffee. Als Berufsschiffer sind sie weitgereist, kennen die europäischen Wasserstrassen wie ihre Hosentasche und haben viel zu erzählen.
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Wir Schweizer haben ja immer das Gefühl, wir könnten kein Deutsch. Aber wir brauchen uns nicht zu verstecken. Da gibt es in Deutschland «Treetbootvermietungen», auf den Theaterkarten steht «Tribühne links» und der Texter des Plakats zur Berliner Bootmesse kann offensichtlich weder Deutsch noch Englisch.
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