Meerkerk – Vianen – Loosdrechtse Plassen – Ligplaats Dode Hond – Ligplaats Eiland Eekt – Vollenhove
(Lek, Lekkanaal, Amsterdam-Rhein-Kanaal, Vecht, Loosdrechtse Plassen, Randmeren, Ketzelmeer, Zwarte Meer, Kadoeler Meer, Vollenhover Kanaal; 188 Kilometer; 9 Schleusen, 29 Dreh- und Hebebrücken)
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Von Meerkerk bis Vianen sind es nicht einmal elf Kilometer mit einer Dreh- und zwei Hebebrücken. Aber weiter fahren wir an diesem Tag nicht, weil in Vianen ein grosser Supermarkt der Albert-Heijn-Kette ist und wir uns für die kommende Woche verproviantieren wollen.
Vianen hat zwar einen Passantenhafen mit Strom und Wasser. Aber dieser Hafen ist sehr teuer und am gegenüberliegenden Ufer bietet sich eine viel günstigere Alternative an: einer der zahlreichen Liegeplätze für die Berufsschifffahrt. Die meisten sind mit «Ausschliesslich für die Berufsschiffahrt» signalisiert, aber der Liegeplatz «Havenweg» nicht. Hier dürfen wir ebenfalls liegen, nachdem wir über Funk die Erlaubnis der zuständigen Schleuse Vianen eingeholt haben.
Damit die Berufsschiffer nicht ihre dumpf brummenden Generatoren Tag und Nacht laufen lassen, gibt es an vielen Orten in den Niederlanden abgeschlossene Stromkästen. Verfügt man über den passenden Schlüssel und einen Account bei der Firma Park-Line, so kann man über eine App auf dem Smartphone einen Anschluss freischalten. Die Kosten werden über das Bankkonto oder über die Kreditkarte abgerechnet.
Das ist nicht nur praktisch, sondern auch günstig und wir haben uns schon vor Jahren bei Park-Line, damals noch walstroom.nl, registriert
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Nach dem verregneten Juli ist in der zweiten Hälfte August der Sommer über die Niederlande hereingebrochen und zwar richtig. Tagelang wolkenloser Himmel und Temperaturen bis zu 34° C.
Das Wasser im Kanal ist sauber und so dient er in diesen Sommertagen auch als Schwimmbad – etwas, was uns in französischen Kanälen nie in den Sinn gekommen wäre.
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Am nächsten Tag gehts durch die grosse Schleuse von Vianen hinaus auf den Lek, einen Rheinarm, den wir überqueren, um auf der gegenüberliegenden Seite zur Prinses Beatrixschleuse zu gelangen.
Diese Schleuse ist der Berufsschifffahrt sowie grossen Freizeit-Schiffen vorbehalten. Beim Anmelden über Funk will der Schleusenwärter denn auch unsere Europanummer wissen. Wir haben Glück, die Steuerbord-Kammer der Schleuse ist offen und wir können ohne Wartezeit einfahren.
In dieser 220 Meter langen und 18 Meter breiten Schleuse kommen wir uns winzig vor, zumal wir ganz allein geschleust werden.
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Wir fahren ein Stück weit auf dem Amsterdam-Rhein-Kanal, auf dem wie immer reger Frachtverkehr herrscht. Ein Hingucker ist die «Victorie», nicht etwa, weil sie uns auf der «falschen» Seite entgegenkommt – was sie mit der blauen Tafel anzeigt –, sondern weil sie so geladen hat, dass sogar das Gangbord überspült ist. Näher beim Unterseeboot als beim Frachtschiff…
Nach wenigen Kilometern biegen wir hart über Steuerbord unter der relativ niedrigen (3.50 Meter Durchfahrtshöhe) Opburenbrücke hindurch in die Vecht ab und fahren nordwärts.
Unser Ziel sind die Loosdrechtse Plassen, die Seen von Loosdrecht. Im Sommer ein überlaufenes resp. «überfahrenes» Wassersport-Paradies, jetzt, im Spätsommer zwar immer noch belebt, aber in durchaus erträglichem Rahmen. Man erreicht sie über die 50 Meter lange, gekrümmte Mijndense Sluis. Die Krümmung macht das Einfädeln in die Schleuse und das Anlegen darin etwas tricky. Damit bekunden manche Freizeitkapitäne Mühe, vor allem, wenn in der Hochsaison Dutzende von Motor- und Segelyachten gleichzeitig in die Schleuse drängen. Davon zeugt eine lange Stuhlreihe entlang der Schleuse. Dort sitzen die Schaulustigen und geniessen das Schauspiel der Ehe- und sonstigen Dramen, welche sich hier coram publico abspielen.
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Auf der anderen Seite der Schleuse erwartet uns Freund Daniël, der in Loosdrecht aufgewachsen ist und hier die Wochenenden auf seinem Speedboat verbringt. Er fährt uns voraus und zeigt uns einen idyllischen Liegeplatz an einem Inselchen.
Hier, in der Stille der Natur, gedenken wir ein ruhiges Wochenende zu verbringen. Der Freitagabend ist denn auch genau so, wie wir uns das vorgestellt haben – mit einem wunderschönen Sonnenuntergang, während auf dem Grill ein leckeres Stück Fleisch brutzelt.
Aber erstens kommt es anders und zweitens, als man denkt. Am Samstagnachmittag legen ein paar ziemlich verkommene Gestalten mit ein paar ebenso ziemlich verkommenen Booten in der Bucht hinter uns an und lassen sich häuslich nieder. Nach dem Eindunkeln bricht die Hölle los.
Ein mitgebrachtes Generatörchen speist Lautsprecherboxen, die jeder Disco würdig wären. Man hört nur die wummernden Bässe. «Bis weit nach Mitternacht» ist die in solchen Fällen gebräuchliche Wendung. Denkste! Zugedröhnt mit all den leckeren Pillen und Pülverchen, welche der Rauschgiftmarkt zu bieten hat, hüpfen unsere Nachbarn auch noch am Sonntagmorgen um zehn Uhr mit glasigen Augen zu den unvermindert wummernden Bässen herum.
Aber das Schöne an unserer schwimmenden Wohnung ist, dass wir die Taue loswerfen und und uns einen anderen Liegeplatz suchen können, wenn uns die Nachbarn auf den Geist gehen. Und genau das tun diese durchaus unerwünschten Nachbarn und deshalb werfen wir die Taue los.
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Nach einer ruhigen nächsten Nacht an einem anderen Liegeplatz in der freien Natur schleusen wir am nächsten Tag durch die bereits beschriebene Mijndense Schleuse wieder auf die Vecht hinaus und auf derselben nach Muiden in die Seeschleuse, wo wir ohne Wartezeit geschleust werden.
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Nach Muiden gehts aufs mehr oder weniger offene Wasser hinaus, nämlich auf die sogenannten «Randmeren». Das ist eine langgezogene Kette von Seen (Gooimeer, Eemmeer, Nijkerkernauw, Veluwemeer und Drontermeer) zwischen der ehemaligen Meeresküste der Zuiderzee und der langgestreckten Insel Flevoland. Die gesamte Provinz Flevoland, bestehend aus der erwähnten Insel sowie dem Nordostpolder wurde erst im 20. Jahrhundert dem Ijsselmeer abgewonnen.
Wir haben die Randmeren schon mehrmals befahren und jeweils die ehemaligen Fischerhäfen Huizen, Bunschoten-Spakenburg, Elburg und Harderwijk zum Übernachten angelaufen. Aber es gibt in den Randmeren auch Liegeplätze abseits des bewohnten Gebiets und ohne Einrichtungen wie Strom- und Wasseranschlüsse.
Diese Plätze sind verpachtet, die Pächter sorgen für Sauberkeit und dürfen dafür Liegegeld erheben. Auf der Insel «Dode Hond» (Toter Hund) bezahlen wir 70 Cents pro Meter, am wunderschönen Liegeplatz der Insel Eekt kommt der Pächter nicht vorbei und wir liegen gratis. Beide Inseln sind übrigens unbewohnt.
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Die Kette der Randmeren läuft von West zuerst nach Ost und dann nach Nord, wo das Ketelmeer an das Drontermeer anschliesst. Richtung Norden gehts ins Ijsselmeer, Richtung Osten zum «Zwarte Meer» (Schwarzer See) .
Mitten im Ketelmeer liegt die Insel IJsseloog, in deren Mitte ausgebaggerter Schlick deponiert wird. Kommt man vom Drontermeer her und will durchs Ketelmeer zum Zwarte Water, so kann man als Abkürzung in einer breiten Fahrrinne durch die Insel IJsseloog hindurch fahren. Diese Fahrrinne ist übrigens ein beliebter, weil geschützter Ankerplatz für Segelschiffe.
Auf der Karte sieht man schön, woher die Insel ihren Namen – IJsselauge – hat. Ebenfalls erkennt man gut, dass man richtiggehend in die zum Zwarte Meer führende Fahrrinne einfädeln muss.
Für uns Binnenschiffer, die zumeist auf Kanälen und Flüssen unterwegs sind, ist es jedes Mal ein grossartiges Gefühl, wenn sich vor uns die weiten Wasserflächen dieser Seen öffnen – vor allem, weil sich hier der ohnehin spärliche Verkehr so verteilt, dass man meistens allein unterwegs ist.
Im Zwarte Meer zweigt eine Fahrrinne nach Osten Richtung Zwartsluis ab, die andere Fahrrinne führt nach Norden zum Kadoelermeer, an welchem ebenfalls ein ehemaliges Küstenstädtchen liegt, nämlich Vollenhove. Dieses laufen wir an.
Das Wasser im Hafen Vollenhove ist übrigens so sauber, dass er den Kindern als Schwimmbad dient – und, angesichts der spätsommerlichen Hitze, auch uns.
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Und zum Schluss noch eine in jedem Fall sehr hilfreiche Orientierung, gesehen in Lemmer:
Aus dem Logbuch:
- Vianen. Gemeinde-Passantenhafen. Langer Steg im Stichkanal westlich des Merwedekanals. €1.45/m inkl. Strom und Wasser. Sehr ruhig. In Vianen alle Einkaufsmöglichkeiten. Schöne Altstadt. Für Schiffe über 20 Meter Liegeplatz «Havenweg» mit Strom am gegenüberliegenden Ufer.
- Loosdrechtse Plassen. Ausgedehntes Seengebiet mit zahlreichen Liegeplätzen ohne Strom und Wasser. Zufahrt über die kostenpflichtige Mijndense Sluis. Gratis Liegemöglichkeiten für 3 x 24 Stunden. An den Ufern mehrere Yachthäfen mit allen Einrichtungen.
- Gastvrije Randmeren (Gastfreundliche Randmeren). Insgesamt 15 Liegeplätze (von West nach Ost: De Schelp, Huizerhoef, Dode Hond, WIJ-Land, De Zegge, De Biezen, Knarland, Leidam, de Kluut, Pierland, de Ral, Eekt, De Kleine Zwaan, De Meerkoet, De Smient). Tagsüber gratis, Übernachtung 0.70 Euro/Meter Schiffslänge
- Vollenhove. Passantenhaven mit Strom und Wasser (kostenpflichtig), Dusche, WC. Waschmaschine. Liegegebühr Euro 1.20/Meter Schiffslänge. Gute Einkaufsmöglichkeiten (COOP und ALDI). Frisch geräucherte Fische in der Fischräucherei beim Hafen.