Bericht 149, April 2018

Weener – Haren – Nieuw Amsterdam – Hoogeveen – Meppel

(Ems, Dortmund-Ems-Kanal, Haren-Rütenbrock-Kanal, Koning Willem Alexander-Kanaal, Hoogeveensche Vaart)

Oh baby, save the last dance for me!

Der neue Eigner kommt an Bord

Der neue Eigner kommt an Bord

Kinette ist verkauft und der Handwechsel bürokratisch, administrativ sowie papiermässig vollzogen.

Der alte und der neue Eigner beim (elektronischen) Papierkrieg

Der alte und der neue Eigner beim (elektronischen) Papierkrieg

Der neue Eigner Urs Eberhardt und eine gute Bekannte, Ann-Margit, die ihn am Anfang als Crew begleiten wird, sind mit Hab und Gut eingezogen. Wir haben unsern Nachfolgern versprochen, sie am Anfang noch zu begleiten, um sie in Handhabung und Technik des Schiffs einzuweisen. Urs hat seinen Schein in Frankreich auf einer 38-Meter Péniche gemacht, das ist schon mal gut.

Der neue Eigner fühlt sich schon ganz wohl am Steuer

Der neue Eigner fühlt sich schon ganz wohl am Steuer

Nach ein paar Tagen, die wir mit Einräumen und technischer Einweisung verbringen, laufen wir am 12. April aus. Christian hat als Trainingsroute die Strecke von Weener nach Meppel ausgesucht. Sie enthält alles, was das Herz begehrt: Gezeitengewässer (Ems), Kanal mit Berufsverkehr und Grossschleusen (Dortmund-Ems-Kanal), kleinere, aber noch nicht wirklich kleine Schleusen (Haren-Rütenbrock-Kanal) und als Krönung die Veenvaart von Ter Apel bis Hoogeveen mit engen Kanälen, engen Biegungen und zahlreichen Hebe- und Drehbrücken. Knackpunkte mit einem 22.5-Meter Schiff sind zweifellos die Durchfahrten unter der Zwinderschen Brücke und der Brücke in Emmer-Compascuum sowie die Einfahrt in die Schleuse von Noordscheschut, die allesamt in teils rechtwinkligen Biegungen erfolgen.

Die Veenvaart ist in der Vorsaison besonders idyllisch

Die Veenvaart ist in der Vorsaison besonders idyllisch

Was ist es für ein Gefühl, als Mischwesen von Gast, Fahrlehrer und technischem Instruktor auf dem nicht mehr eigenen Schiff mitzufahren? Es ist eine Mischung aus Wehmut – dreizehn grossartige Jahre auf dem Wasser liegen hinter uns – und zugegebenermassen auch Erleichterung. Ein niederländisches Sprichwort sagt: «Koop en boot en werk je dood», also «Kauf ein Boot und schufte Dich zu Tode». Texas Bill, einer unserer Mit-Überwinterer in Roanne, pflegte zu sagen: «To be honest, we don’t cruise, but we stumble from catastrophe to catastrophe» («Um ehrlich zu sein, fahren wir gar nicht, sondern wir stolpern von Katastrophe zu Katastrophe»). Und wenn wir schon bei passenden Zitaten sind, so gehört noch folgendes dazu: «The happiest day in a man’s life is the day he buys and the day he sells a boat. And everything between these two dates … let’s talk about something else.» («Der glücklichste Tag im Leben eines Mannes, ist der Tag, an dem er ein Boot kauft und der Tag, an dem er es verkauft. Und alles, was dazwischen liegt … lasst uns über etwas anderes reden»). Unsere Gefühlslage ist, kurz gesagt, bittersüss.

Die Doppelschleuse des König Willem Alexander-Kanals

Die Doppelschleuse des König Willem Alexander-Kanals

Der bittere Anteil der Gefühlslage hält sich allerdings schon deshalb in engen Grenzen, weil sich der ostniederländische April mit Tagestemperaturen bis zu 27° C so gar nicht nordisch gibt. Wir können sogar das Sonnensegel aufstellen und auf dem Vorderdeck die Abende bei einem Glas Wein ausklingen zu lassen. Dazu essen wir ein Käsefondue, das Urs aus der Schweiz mitgebracht und in der Bordküche zubereitet hat.

Urs und das Käsefondue

Urs und das Käsefondue

Abendessen auf dem Vorderdeck

Abendessen auf dem Vorderdeck

Zum Idyll dieser Fahrt trägt bei, dass die Fahrsaison in den Niederlanden noch nicht begonnen hat. Wir sind völlig allein unterwegs, die Anlegestellen leer. Auch der Buitenhaven in Meppel, wo wir nach einer Woche Fahrt anlegen, ist leer.

Und dann kommt der Moment, in dem wir von Bord gehen. Von Bord des Schiffes, das dreizehn Jahre lang unsere Wohnung war, mit dem wir dreizehn Jahre lang in den Niederlanden, in Belgien, in Frankreich und in Deutschland unterwegs waren, das als «Kinette» zu einem Markenzeichen wurde und das in Zukunft «Mrs. Bliss» heissen wird. Den neuen Eignern wünschen wir ebenso viele grossartige Momente und unvergessliche Bekanntschaften, wie sie uns vergönnt waren. Oft wird uns die Frage gestellt, wo es denn am schönsten war. Im Grunde genommen ist sie unbeantwortbar. Ausser damit: Am schönsten war es überall.

***

Wie geht es mit der Kinette-Crew weiter? Nautischer Ruhestand? Terrestrische Langeweile? Landratten? Denkste, jedenfalls in nächster Zukunft nicht. Anfangs Mai werden wir in Rotterdam ein 20-Meter Schiff übernehmen und in die Franche-Comté überführen, weil dessen Eigner noch berufstätig ist. Damit stehen zwei Dinge fest: Wir werden wieder ein paar Wochen auf einem anständigen Schiff unterwegs sein und es wird über diese Reise einen Bericht 150 geben. Auch nachher wird diese Homepage bestehen bleiben. Immerhin wird sie monatlich von rund 2–3’000 Besuchern als Database genutzt und dabei soll es auch in Zukunft bleiben. Bis dann!

2 Gedanken zu „Bericht 149, April 2018

  1. Es freut mich, dass der Verkauf gut geklappt hat und der neue Eigner auch seine Freude an der Kinette gefunden hat. So können wir uns gemächlich zurücklehnen und in schönen Erinnerungen schwelgen, wie wir es unsererseits mit der Finistére alltäglich tun können.
    Wir wünschen euch auch als „Landratten“ viele gesunde Stunden, Tage, Wochen und Jahre. Ein gelegentliches Wiedersehen würde uns sehr freuen.
    Liebe und innige „Seemanns-Grüsse“ Jost Kottmann
    & Margrith Boss

  2. Wieder schön zu lesen! Auch die beschriebene Strecke ist mir (uns ) vertraut. Mir ist in der Erinnerung, das wir 1987 auf dem Ter Apel- und Musselkanal eine Schleusengebühr von 7 niederländischen Cent pro Tonne bezahlen mussten, bei 8 t waren das 56 Cent, natürlich mit Quittung. In Meppel hatten wir 1986 unsere Doerak 950 GSAK erworben. An der ersten Schleuse in Richtung Assen war der Überführungstörn wegen der Wintereinschränkungen vermeintlich am Ende, aber die Flexibilität der niederländischen Wasserbehörden hat uns die Weiterfahrt unkompliziert ermöglicht.
    Alles Gute aus Hamburg, nächste Woche ist der 829. Hafengeburtstag!
    Klaus Pajunk

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