Mit der Catania auf grosser Reise

Im Mai 2016 veröffentlichten wir ein Porträt des Ehepaares Hans Peter und Brigitte Wille, die sich den Traum eines eigenen Schiffes mit ausgesprochen viel Eigenleistung erfüllt hatten. Seit dem Ausbau ihres Schiffes sind einige Jahre vergangen: Zeit also, ihren Spuren auf dem Wasser zu folgen. Hier der Bericht über die Sommersaison 2019 aus der Feder von Brigitte Wille, redigiert von Christian Huber.


Anfangs April 2019 starteten wir in unsere fünfte Saison, in welcher wir eine grosse Reise machen wollten: Von Weesp (am Amsterdam-Rhein-Kanal) die Maas hoch über den Canal de la Meuse nach Toul, die Mosel hinunter bis Koblenz, dann wieder hoch bis Konz, und über die Saar und den Saarkanal wieder zurück nach Frankreich. Schliesslich den Canal de la Marne au Rhin bis Strasbourg mit einem kleinen Abstecher bis Basel.

Bereits im Frühjahr hatten zwei Termine festgestanden. Wir wollten im Juli für zehn Tage in die Schweiz und dann noch einmal Anfang September zur Hochzeit unserer Tochter Stephanie. Eine grosse Reise, zwei fixe Termine, Gewässer, die wir nicht kannten … da bewahrheitet sich das Sprichwort: «Erstens kommt es anders und zweitens, als man denkt» oder: Wenn man mit dem Schiff unterwegs ist, lässt sich vieles nicht planen.

Bevor wir jedoch richtig starten konnten, war ein Service des Ölbrenners nötig. Zudem hatten wir bemerkt, dass unsere Bordbatterien sich nicht mehr richtig laden liessen. In Heusden mussten dann vier alte Batterien (je 80kg) aus dem Maschinenraum gehievt, an Land und vom Steg auf die Strasse transportiert werden. Dasselbe mit den neuen Akkus, einfach umgekehrt. Da war Muskelkraft gefragt.

Rechtzeitig zu Brigittes Geburtstagsessen waren die Batterien an Ort.

Nun konnte es losgehen. Die Maas hoch bis Maastricht kannten wir die Strecke. Im Hafen von Maastricht Marina stritten die Schwalben um einen Platz auf unserer Reling.

Nach der holländischen Grenze, Richtung Liège/Lüttich veränderte sich die Landschaft und es wurde hügelig

Die grossen Schleusen waren mit Frachtschiffen und Freizeitschiffen gefüllt. Bei der ersten Schleuse in Belgien mussten wir uns mit unseren Schiffspapieren anmelden und unser Fahrtziel angeben. .

Da wir bereits in Namur abgezweigt waren, mussten wir für den flämischen Teil von Belgien keine Schiffsvignette kaufen. In Liège erklommen wir die „Montagne de Bueren“ (Soldatentreppe) mit 374 Treppenstufen – die Aussicht über Liège war der Lohn der Mühe.

In Namur fanden wir unterhalb der Zitadelle einen guten Liegeplatz..

Am nächsten Tag wanderten wir zur Festung hinauf und machten eine Führung durch die unterirdischen Gänge mit – eindrücklich!

Dinant wird die Stadt des Saxophons genannt. Alphonse Sax erfand hier 1840 das nach ihm benannte Saxophon.

Bei der Weiterfahrt wurde der Canal de la Meuse immer schmäler, die Hügel immer höher.

In Givet passierten wir die Grenze zwischen Belgien und Frankreich. Wir bekamen eine „Télécommande“, eine Fernsteuerung für die Schleusen. Die folgenden beiden Schleusen waren noch bedient, dann konnten wir die Schleusung mit der Télécommande einleiten. Bei der Schleuse 58 von Ham meldeten wir uns für die Passage des „Tunnel de Ham“ am folgenden Tag an: Neun Uhr bei der Schleuse vor dem Tunnel. So hatten die VNF genügend Zeit, den Wasserstand um 40 cm zu senken und wir konnten ohne Probleme durch den Tunnel fahren.

Einfahrt in den Tunnel.

Da der Tunnel nicht beleuchtet ist, montierten wir einen Halogenschweinwerfer.

Die Fahrt durch die Ardennen mit Natur, Ruhe, den vielen Vögeln und den schönen Anlegemöglichkeiten begeisterte uns. Unterwegs trafen wir immer wieder die gleichen Schiffe an. Alle waren sie auf dem Weg in den Süden. Zwei Ehepaare wollten sogar zum Canal du Midi fahren. Es war sehr lustig, wie man sich nach zwei, drei Tagen wieder traf und Meinungen, Erfahrungen etc. austauschte. Manchmal informierte man sich auch gegenseitig per Funk über Schleusenpannen und Anlegemöglichkeiten.

Hier einige Eindrücke unserer Fahrt:

Auch das gab es noch: Schleusenbedienung von Hand. Klar, dass Hans Peter mithalf.

Unsere erste Erfahrung mit einem Baguetteautomat. Die Baguette war sehr gut.

In Verdun fanden wir wieder einen wunderschönen Anlegeplatz.

Nach Verdun wurden die Schleusen noch schmaler. Sie waren nur noch 5.10 m breit, unser Schiff misst 4.85 m in der Breite. Da war eine präzise Einfahrt gefragt.

In Pagny-sur-Meuse kamen Claudia und ihr Freund Pascal auf Besuch. Sie halfen uns durch die vielen Schleusen nach Toul hinunter.

Von Toul an fuhren wir auf der Mosel. Das Gewässer wurde breiter, die Schleusen grösser. Es war wieder einfacher zum Fahren.

Ab Trier prägen Rebberge die Landschaft. Es muss sehr anstrengend sein, in diesen steilen Hängen zu arbeiten. Für die steilsten Hänge sind die Arbeiter sogar angeschnallt.

Zwischendurch prägten rote Felsen die Uferlandschaft.

Bernkastel ist ein schöner kleiner Ort im Moseltal, zirka 50 Kilometer von Trier entfernt, mit vielen Riegelbauten. Leider auch sehr touristisch. Wir trafen dort Sandra und Peter, die mit ihrem Wohnmobil an der Mosel unterwegs waren. Zusammen wanderten wir zum Kastel hinauf und genossen einen schönen Blick auf die Mosel.

Die Rebberge sind oft angeschrieben und tragen sehr spezielle Namen. Auf der Etikette dieses Weines ist wirklich ein «nackter Arsch» abgebildet.

In Koblenz fuhren wir mit der Gondel zur Festung Ehrenbreitstein, weil es uns für eine Stadtbesichtigung zu heiss war.

Auf der Rückfahrt die Mosel hoch unternahmen wir in Zell eine kleine Wanderung zu einem Aussichtspunkt. Ohne Klettern ging es nicht. Während Hans Peter ganz locker blieb, war Brigitte etwas verkrampft.

Immerhin hatte sich das Klettern gelohnt.

In Schweich an der Mittelmosel fanden wir mitten im Wald ein Wassertretbecken.

Saarburg war unser erster Halt auf der Saar. Ein sehr schönes Städtchen, bekannt durch den Wasserfall mitten in der Stadt.

In Mettlach wanderten wir zur Cloef, einem felsigen Aussichtspunkt, und schauten uns die bekannte Saarschleife von oben an. Die Saar ist hier so schmal, dass sich Frachtschiffe nicht kreuzen können. Da es sehr heiss war, marschierten wir erst am späten Nachmittag los. Es war angenehm kühl im Wald und die Aussicht von oben fantastisch. Am nächsten Tag befuhren wir dann die Saarschleife mit unserem Schiff.

Das ebenfalls an der Saar gelegene Völklingen war unser nächstes Ziel. Völklingen ist bekannt wegen der Völklinger Hütte, dem weltweit einzigen vollständig erhaltenen Eisenwerk aus der Blütezeit der Industrialisierung. Der beeindruckende Bau zählt seit 1994 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Wir konnten bis zuoberst auf einen Hochofen steigen, der noch bis 1982 in Betrieb war. Wir stellten uns vor, was da wohl alles aus den Öfen in die Luft ging. Der Klimawandel hatte schon damals begonnen.

Auf der Mosel verliessen wir Deutschland und waren wieder in Frankreich. Hier konnten wir die schmalen Schleusen wieder selber bedienen, mussten allerdings zuerst die Télécommande aus dem Kästchen bei einem Schleusenwärterhäuschen holen.

Zwischendurch mussten  wir unsere Reise neu planen. Immer mehr Kanäle waren gesperrt und sowohl Strasbourg als auch Basel erwiesen sich als zu weit entfernt. Für uns bedeutete das, dass wir von Koblenz auf dem Rhein nach Holland würden fahren müssen. Den Lotsen hatten wir bereits organisiert und es hiess wieder planen..

Unmittelbar nach der Grenze machten wir Halt in  Sarreguemines, der Stadt der Fayence – kunsthandwerklich hergestellte Keramik. Im „jardin des faïenciers“ fanden wir eine Oase der Ruhe.

Unmittelbar am Ufer der Saar befindet sich das „Casino“, welches für die Arbeiter der Faïencerie errichtet worden war. Dort konnten sie ihre Freizeit verbringen und Veranstaltungen besuchen. Es beherbergt einen Saal für kulturelle Veranstaltungen und ein Restaurant.

Die Fertigungsstätte der alten Faïencerie (Steingutmanufaktur) dient heute als Museum und kann besichtigt werden.

Hier noch ein paar Eindrücke vom Museum und den Kunstwerken aus Kacheln.

Wenn wir jeweils mit unserem Schiff eine Kanalbrücke überqueren, muss Hans Peter anhalten, die Catania vertäuen und dann ein Foto machen.

Natürlich sind wir in Richtung Nancy abgebogen.

Die erste Schleuse im Canal de la Marne au Rhin war 15 m hoch.

Uns hat der Kanal mit seinen vielen Anlegemöglichkeiten, mit Strom und manchmal sogar gratis, sehr gut gefallen.. Wir wollen diesen Kanal sicher noch einmal fahren, aber dann bis Strasbourg. Hingegen werden wir den Saarkanal, das heisst von Saareguemines bis Gondrexange, nicht so schnell wieder befahren. Unser Schiff ist für diesen Kanal einfach zu gross. Es ist anstrengend und man kommt mur sehr langsamvorwärts. An einem Tag fuhren wir 9 km und 6 Schleusen!

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